Selbstfindung 101 – als dirtbag Kletterer in die Türkei

Heute mal ein anderes Thema. Ich will dir mal erzählen, wie ich damals mit 21 Jahren von Zuhause “ausgeflogen” bin. Ich hatte da gerade eben meinen Führerschein gemacht, bekam von meinem Opa und meinen Eltern ein Auto geschenkt und fuhr einfach los.

Ausgangs – Situation

Damals hatte Ich schon seit ca. einem Jahr, immer mehr und mehr geklettert. Ich war regelmäßig mit einem (italienischen) Freund von mir in der Kletterhalle. Irgendwann war es dann soweit. Wir waren die ersten paar Male zusammen draußen unterwegs und ich fand es einfach mega! Frische Luft, abhängen mit meinem Kumpel und schön viel Bewegung. Also formte sich so langsam in meinem Kopf die Idee, eine größere Kletterreise zu unternehmen…
Immer mehr formte sich der Gedanke (durch Recherchen im Internet), doch in die Türkei zu gehen. Dort gibt es wohl super Felsen und einen Ort, an dem sich Kletterer treffen – das Josito. Außerdem war es Winteranfang und in der Türkei kann man im Winter im (oder ohne) T-Shirt klettern. Für mich perfekt, denn ich brauchte einen Sicherungspartner und schön viel Sonne!

Reisezeit

Die Entscheidung war getroffen. Oktober 2020 war endlich Startschuss! Wir fuhren zusammen mit meinem frischen Gebrauchtwagen los, mein Kumpel war den ersten Monat mit dabei. Ich sagte meinen Eltern und meinem Bruder tschüss, Ich “wollte mich selbst finden”. Zuerst ging es nach Italien, dort kaufte ich mir ein Dachzelt – schließlich brauchte ich ja einen Ort, an dem Ich schlafen konnte. Den ersten Monat schliefen wir also zusammen in meinem Dachzelt. Wir waren zusammen unterwegs in Italien und bei meinem Freund auf dem Bauernhof seiner Eltern.
Danach trennten wir uns und ich fuhr weiter Richtung Türkei. Damals ging das ganze mit Corona los, es war eben höchst unklar, ob ich es überhaupt dorthin schaffen würde. Werden die Grenzen offen sein? Werde ich als Privatperson überhaupt durchgelassen? Online las ich einiges, alles was ich las war nicht so gut. Aber Ich war ja schon unterwegs, also dachte ich mir – einen Versuch ist es Wert. Ich fuhr also den ganzen Weg von Südtirol bis in die Türkei, und tadaaa – (fast) keine Grenzprobleme. Nur einmal an einer Bosnischen Grenze wollten die Grenzer mich nicht durchlassen, Ich hatte es dann einfach an einer anderen Bosnischen Grenze probiert. Dort war ich dann sofort erfolgreich. Es stelle sich heraus, dass an den meisten Orten Regeln nicht oder wenig einhalten werden – zumindestens im Vergleich zu München, dem Start meiner Reise. Stattdessen waren überall Menschen super kommunikativ und hilfreich.

Das Josito Klettercamp

Am 9. November kam ich dann an – Im Josito. Sofort begrüßten mich zwei Kletterer, die dort gerade eine der Holzhütten bauten. An der Rezeption war niemand da, die waren wohl gerade klettern. Ich, durstig nach Gesellschaft nach meiner Reisewoche alleine saugte das soziale Leben dort auf wie ein Schwamm. Man kann sich das Josito Klettercamp ein bisschen wie eine Kommune vorstellen. Dort wohnen nur Kletterer. Alle sind in ihren Zelten, Holzhütten oder ihren Vans. Durch die Lage ist es so, dass dort die meisten Kletterer länger bleiben. Es gibt in der Türkei eben keinen wirkliche Alternativen Winterspot zum klettern. So treffen sich eben alle dort. Das macht es sehr leicht Freunde zu finden, und eine tolle Community aufzubauen. Alle sind offen und haben das Klettern als gemeinsamen Nenner.
Besonders während Corona, waren wir dort eine eingeschworene Truppe. Viele von uns “dirtbags” blieben 6 Monate dort. Es gab Eben keine anderen Länder in denen man sich aufhalten durfte. So blieben wir alle im Josito. Wie lebt man nun da? Naja, der Tag beginnt durch das Zwitschern der Vögel! Einen Wecker stellte sich eigentlich niemand, durch die Nähe zur Natur ist es aber leich aufzuwachen. Schon auf dem Weg zum Morgen – Klo sieht man ein, zwei Leute die man schon kennt. Man winkt sich zu, oder spricht ein bisschen miteinander (je nachdem wie dringend die Morgentoilette ist). In der Gemeinschaftsküche macht man sich als nächstes sein Frühstück. Nun sitzt man zum Frühstück zusammen an den großen Tischen vor der Küche. Für mich war das ein völlig neues Konzept. Wie, ich setze mich einfach zu Leuten dazu, von denen ich keinen, oder nur wenige kenne? Aber ja, so ist es. Man hat mit dem Klettern einen gemeinsamen Nenner. So ist das Miteinander einfach Einfach.
Spätestens am Frühstückstisch werden jetzt die Pläne von gestern verworfen! (falls überhaupt welche gemacht wurden) Hier lebt man einfach in den Tag hinein! Wenn du klettern willst, musst du das nur einmal erwähnen – und zack, in 5 Minuten hast du einen Partner gefunden und bist unterwegs zum Fels. Je nach Gefühl und Tag, kann man so entscheiden was man tun will. Als Alternativen gibt es natürlich noch: Pausentag in der Hängematte, Gras rauchen und entspannen, Mit anderen Klettererern flirten, Eine Bank vor seinem Zelt bauen, In den erfrischenden Fluss springen, Yoga machen, Zusammen einkaufen gehen, Skifahren(!!!!), Zusammen ans Meer.
Dort zu sein fühlte sich für mich so an, als ob ich endlich angekommen war. Ich habe mich dort “selbst gefunden”. Ich war Glücklich und Zufrieden nach einer langen rastlosen Zeit in München. So verbrachte ich dort ganze 6 Monate, bis es mir zu heiß wurde.

Beim nächsten mal schreibe Ich darüber, wie sich die Langzeit – Dirtbags dort und überall ihr täglich Brot verdienen. Das war ein Detail was mich besonders interessiert hatte, da Ich natürlich nach 6 Monaten nicht aufhören wollte.

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